Einheitswert: Wie der Fiskus den Wert von Grundstücken ermittelt
Jeder Immobilienbesitzer weiß, dass alle drei Monate die Grundsteuer zu zahlen ist. Doch was nicht jeder weiß: Die Grundsteuer bemisst sich am Einheitswert des Grundstücks. Denn jedes Grundstück in Deutschland wird mit dem Einheitswert eingestuft. Beim Einheitswert handelt es sich eine komplexe Bewertungsgrundlage zur Berechnung der Grundsteuer durch das Finanzamt. Dafür bedient es sich zahlreicher Daten, die Jahrzehnte alt sind und noch heute eine unveränderte Rolle spielen. gute-makler.de macht den komplizierten Einheitswert verständlich.
Die Grundsteuer als kommunale Einnahmequelle
In Deutschland zahlen Immobilieneigentümer Grundsteuer. Diese wird auf das Eigentum und auf die Bebauung von Grundstücken erhoben. Die Grundsteuer wird auch als Substanzsteuer bezeichnet, da sie nicht ausschließlich das bloße Eigentum für die Besteuerung heranzieht, sondern auch die Form der Nutzung (Substanz). Die Höhe der Grundsteuer ist nicht bundesweit einheitlich geregelt, sondern wird von den jeweiligen Gemeinden festgelegt. Die Grundsteuer spült jährlich rund 13 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen. Damit ist sie eine der Haupteinnahmequellen der Kommunen.
Jahrzehntealte Daten zur Berechnung des Einheitswerts
Für die Berechnung des Einheitswerts eines Grundstücks ziehen die Finanzbehörden verschiedene Daten heran. Diese reichen in Westdeutschland bis ins Jahr 1964 und in Ostdeutschland sogar bis 1935 zurück. Baujahr, Bauart, Bauweise, Bauteile, Wohnfläche und Nutzfläche, bauliche Ausstattung, zwischenzeitliche bauliche Veränderungen, zurückliegende Mietzahlungen … – all dies spielt für den Einheitswert eine Rolle. Viele dieser alte Daten kennen die heutigen Besitzer gar nicht, so dass die Berechnung des Einheitswertes häufig nicht möglich ist und zudem die Anfechtung des durch den Fiskus festgelegten Einheitswerts so gut wie aussichtlos ist – es fehlt schlichtweg die Transparenz.
Zwei Verfahren der Einheitswertermittlung
Für die Berechnung des Einheitswerts wenden die Finanzämter zwei Verfahren an:
Ertragswertverfahren. Es wird bei Mietshäusern angewendet. Der Ertrag errechnet sich durch die Vermietung. Auch nichtvermietete Immobilien unterliegen häufig diesem Verfahren; hier werden potentielle Mieten berechnet und als Grundlage genommen.
Sachwertverfahren. Bei dieser Berechnung sind die Baukosten der Immobilie und auch deren Abnutzung im Laufe der Jahre entscheidend.
Bauliche Veränderungen führen zur Neuberechnung
Wird ein Haus baulich verändert, muss eine nachträgliche Feststellung vorgenommen werden. Im Falle des Abrisses des Hauses wird der bestehende Einheitswert gelöscht und nach der Neubebauung neu berechnet.
Bundesgerichte beschäftigen sich mit der Grundsteuer
Die Erhebung der Grundsteuer ist nicht nur kompliziert und intransparent, sondern auch höchst umstritten. Die Frage, ob die Festlegung des Einheitswerts überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar ist, beschäftigt bereits sowohl den Bundesgerichtshof als auch das Bundesverfassungsgericht. Kommunen, Länder, Verbänden und Initiativen haben verschiedene Vorstellungen, wie zukünftig die Grundsteuer erhoben werden sollte – etwa, ob unbebauten Grundstücken der Bodenrichtwert zugrunde liegt und die Basis für den Richtwert erzielte Verkaufspreise in der näheren Umgebung sind. Es liegen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch. Einigkeit herrscht jedoch darin, dass ein Bewertungsverfahren, welches die Wertveränderungen der Immobilien im Westen seit mehr als 50 und im Osten seit über 80 Jahren komplett ausblendet, nicht länger angewendet werden sollte.